SURFMUSIK: ZWEI KUNSTFORMEN AUF EINER WELLENLÄNGE

Mehr als ein Hobby! Mehr als Leidenschaft. Mehr als Kunst? Surfen und Musik sind Ventile kreativer Selbstverwirklichung. Emotionale Ausdrucksformen, die dabei helfen, die Welt um uns herum zu verstehen.

Das Schöne am Wellenreiten ist, dass jeder seinen eigenen Zugang findet und sich auf seine Art glücklich surft. Doch egal ob der Ozean deine Kathedrale, dein Skatepark oder dein Selfie-Hintergrund ist - Der Wassertanz scheint in jeder Auslegung musikalischen Ausdruck zu verlangen.

​Alles begann als tief spirituelles Zusammenspiel: Surfmusik war die hawaiianische Tradition der ,,Kahunas’’ (Priester), die Wellenreiter segneten und für guten Surf beteten. Ähnliche rituelle Gesänge begleiteten auch das ursprüngliche Shapen, als Koa-Bäume gefällt und zu ,,Olo’’- oder ,,Alaia’’-Boards geformt wurden - Lange vor den Beach Boys und Dick Dale also.

Surfmusik kann auf verschiedene Arten beschrieben werden, doch im Wesentlichen ist es der Sound, der das Gefühl des Surfens vermitteln soll.

Im Laufe der Zeit ist die Grenze zwischen dem, was Surfmusik ist (bzw. nicht ist), zunehmend verblasst. Es lohnt sich allerdings, den roten Faden aufzugreifen und entlang der Schnittstellen dieser faszinierenden Kultur bis in die heutige Zeit zu verfolgen.

​​Von SoCal in die Welt

​Als massentaugliche Musikrichtung wurde der Sound Anfang der 60er Jahre populär. Und wie es oft der Fall ist, wenn ein Genre beim Mainstream Anklang findet, übernahmen viele Bands den neuen Stil und ähnelten einander stark: Eine Fusion aus Rockabilly, Blues der 50er Jahre und von Reverbs bestimmte E-Gitarren.

Die ersten echten Surf-Bands waren "The Bel-Aires", "The Deltones" und "Dick Dale" mit Billboard-Hits wie ,,Let’s Go Trippin’’ und ,,Mr. Moto’’:

The Deltones: Take It Off

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Stevie Ray Vaughan, Dick Dale: ​Pipeline

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Dick Dale: Let’s Go Trippin

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​​​​​Mr. Moto: The Bel-Aires

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Es dauerte nicht lange, bis diese Klänge mit der Strand-Kultur verbunden wurden. Surfmusik war weiß, tanzbar, harmlos und ließ sich auch abseits der Kalifornischen Küste bestens vermarkten.

Dieses musikalische Phänomen eroberte die USA im Sturm und gab dem Surfen als Lifestyle zusätzlichen Auftrieb, mit Bands wie den "The Beach Boys", "The Ventures" ​und "The Sandals" ganz oben. 

The Beach Boys: 1967 - Live Sunshine ​

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The Ventures: The Very Best Of The Ventures

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​​​​​The Sandals: The Endless Summer ​Soundtrack  

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Darüber hinaus haben die eingängigen Upbeat-Vibes der Surfmusik einige der berühmtesten Künstler unserer Zeit hervorgebracht und/oder beeinflusst.

Darunter ,,The Rolling Stones’’, ,,The Beatles’’und ,,The Who’’​, die Mitte der 60er im übertragenen Sinne die Lineups übernahmen.

Die Surfmusik war jedoch mehr als ein neues musikalisches Genre und hatte starken Einfluss auf die Jugendkultur dieser Zeit. Von der Einstellung, über die Sprache, bis zur Kleidung: Der Zeitgeist war von der Südkalifornischen Szene geprägt. 

In den 70ern wurden die Bretter kürzer, die Haare und die Tuberides länger, genau wie die ausufernden Lead-Guitar Soli.

In den 80ern ,,borgte’’ man sich einige Elemente (Alles!) von der neonfarbenen Popkultur und in den 90ern schwappten die Skate-Punk Einflüsse in die Surfmusik.

Zu Beginn des neuen Millenniums übernahm Jack Johnson dann die Bühne und war mit seinem entspannten Lagerfeuer-Sound so penetrant erfolgreich (8 Platin-Alben), dass Klassiker wie ,,Breakdown’’ oder ,,Upside Down’’ heute nur noch heimlich gehört werden.

Jack Johnson: Breakdown

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Jack Johnson: ​Upside Down

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Trotzdem kann und wird wohl niemand abstreiten, dass Jack ein großartiger Surfer und als gebürtiger Hawaiianer in vielerlei Hinsicht die Verkörperung des Aloha-Geistes ist.

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​Auch über die Top-10 Listen unser alten Ipods hinaus, denn Jack engagiert sich für viele wohltätige Zwecke und bietet lokalen Künstlern auf seinen Tourneés einen Platz an seiner Seite. Mahalo, Jack.

Mehr als nur Musik

Beim Surfen gleicht kein Moment dem Nächsten und jede Welle ist auf ihre Weise ein neues Lied. Kein Wunder also, dass viele Surfmusiker die Verbindung beider Kunstformen in der Improvisation suchen und finden.

Ein gutes Beispiel dafür ist Dave Rastovichs Projekt ,,Life Like Liquid’’:

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​Die australische Stil-Ikone vereinte eine eklektische Bande von Surfern, Musikern und Surfmusikern in einem zum temporären Aufnahmestudio umfunktionierten Strandhaus für eine zweiwöchige Sound/Wave Jamsession.

In dem daraus entstandenen, komplett improvisierten Feature-Film bringt der australische Drummer Terepai Richmond die Verbindung auf den Punkt: 

​Du musst einen gewissen Sinn für Musik entwickeln, bevor du den Flo​w und Rhythmus eines improvisierten Lieds lesen kannst. Beim Surfen ist es genau das Gleiche. Jammen und Wellenreiten endet ohne Improvisation beides im Wipeout.

Surfer und Singer-Songwriter Andrew Kidman würde da wohl zustimmen. Sein kreatives Kollektiv, das Val Dusty Experiment​​ komponierte die Soundtracks für einige seiner Surffilme - Darunter der zeitlose Klassiker ,,Litmus’’​.  Kidmans Musik spiegelt sein Surfen so gut wider, dass es fast unheimlich ist:

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​Wenn Worte dem Gesamteindruck nicht gerecht werden, hilft Musik oft weiter.

Das haben auch Weltklasse-Surfer wie Alex Knost und Tom Curren verstanden. Ihre Surfmusik spricht Bände über ihren Stil und ihre Philosophie.

Das Surfen des Kaliforniers Alex Knost ist eine Hommage an das klassische Langobarden der 60er Jahre - oder eine überzogene Persiflage, je nachdem wen man fragt.

Sein Talent und seine Ausdruckskraft sind auf jeden Fall unbestritten: Full-Rail Bottom Turns, gefolgt von endlosen Hangtens. Alles unnachahmlich locker, fast katzenhaft.

​Seine Band Tomorrows Tulips ​huldigt ebenfalls den Ikonen der 60er. Ihr Track ,,Tired’’ ist ein verzerrtes, schräges und urkomisches Cover des legendären Title-Tracks von Bruce Browns Endless Summer aus dem Jahr 1964:

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Dazu kommt mir unvermeidlich folgendes Wort in den Sinn: Eunoia. Das kürzeste englische Wort mit allen fünf Vokalen umschreibt das Wohlwollen des Künstlers für sein Publikum. 

Und genau hier bin ich mir bei Alex Knost nie wirklich sicher... Der Logger wandelt auf des Messers Schneide, zwischen selbstgerechtem Hipstertum und kunstvollem Pioniergeist.

Mindestens genauso innovativ und dabei weitaus weniger polarisierend ist ,,your favorite surfer’s favorite surfer’’ Tom Curren. Seine Musik kann als ein sich entwickelnder Soundtrack zu seinem eigenen Fortschritt als Surfer gehört werden.

Surfmusik_Tom Curren und Band live ​beim Straend Festival in Berlin

Tom Curren & Band live ​beim Straend Festival in Berlin

Seine erste Band, die ,,Skipping Urchins’’, war eine Trash-Punk Band, deren Sound die Intensität seiner rebellischen Jugend einfing. Sein Studio-Album Debüt Ocean Surf Aces​ (1993) ist hingegen viel jazziger und spiegelt die zeitlosen Lines wieder, die den dreimaligen Weltmeister zum Maß aller Dinge in Sachen Stil auf der Welle gemacht haben. 

Jack Johnson, Kidman, Knost und Tom Curren haben alle auf ihre Weise die Surfmusik für sich entdeckt, um ein Gefühl für ihre individuelle Selbstverwirklichung, aber auch für eine Surfgemeinschaft zu schaffen.

Musik ist das Medium, um auszudrücken wer wir sind, als Individuum und als Gruppe. Es ist der Soundtrack unseres Lebens. Wir verbinden sie mit Menschen, Orten, Gefühlen - und dem Surfen. Nichts kann Erinnerungen so lebendig werden lassen, wie Musik. Egal ob sie nur in deinen Erzählungen weiterleben oder auf Film gebannt wurden.

Und damit wären wir bei der Goldgrube des Genres: Surf-Filme.

Surfmusik in Filmen: Spiel mir das Lied vom Meer

​Ein Surf-Filme sollte einfach so klingen, wie es sich anfühlt, an diesem Ort zu sein!​

​...findet Andrew Kidman. Und genau dafür lieben wir dieses Medium. Wir sind mittendrin, statt nur dabei und der Stoke hält auch noch an, wenn die End-Credits längst über die Röhre geflimmert sind.

Surf moods of music_Surfmusik

​Musik in Surffilmen: Wie lange hält der Stoke?

Früher war die Suche nach den Songs in unseren Lieblingsfilmen noch etwas mühsamer. Wenn die Trackliste nicht auf der Rückseite der VHS-Schachtel stand, musste man sich schon ins Zeug legen, um das Shred-Mixtape zu vervollständigen.

Heute übernimmt Shazam die Arbeit in ein paar Sekunden für dich. Und die Chance ist groß, dass sich jemand die Mühe bereits gemacht und auf Spotify eine entsprechende Playlist erstellt hat.

Und für alle, die mit Endless Summer und Morning of the Earth groß geworden sind und die Streaming-Dienste für den Anfang vom Ende halten, gibt es Plattenlabel wie Mexican Summer​.

Das Konglomerat aus Retro-Aficionados hat kürzlich damit begonnen, die Soundtracks klassischer Surf-Filme in ihrem ursprünglichen Vinyl-Format neu zu veröffentlichen.

Die aktuelle Auswahl beinhaltet Perlen wie ,,Bali High’’, ,,Crystal Voyager’’ und eben ,,Morning of the Earth’’. Die LP’s sind liebevoll verpackt, mit nostalgischer Kunst aus den Original-Filmen und die Musik bietet genau die Art von luftiger Mischung aus Psych-Rock und Folk, die man von dieser ausgemusterten Ära erwartet. 

Unabhängig davon, wie du dich am liebsten vor oder nach dem Surf berieseln lässt, soll dir dieser Artikel den Einstieg in die Welt der Surfmusik erleichtern.

Hier also meine persönliche Top-5 an ikonischen Video-Parts, die durch den Soundtrack zu zeitlosen Klassikern wurden. Und von da ist es auch nicht weit zur Surffilm-Liste mit meinen absoluten All-Time Lieblingsfilmen​.

Surffilm Soundtrack Klassiker: Top 5

​1) The Sandals - Theme from Endless Summer:

Bruce Brown’s Nonplusultra ist bis heute unübertroffen. Die Sequenz um die ,,Entdeckung’’ der perfekten Wellen von Cape St. Francis ist auch über 50 Jahre später noch der Zelluloid-Stoff aus dem Surfer-Träume sind.

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Mike Hynsons erster Ride auf dem endlosen Righthander wird aber erst durch den Title-Track von ,,The Sandals’’ zu purer Magie.

The thing you can’t show is that fantastic speed and the feeling you get, in the pit of your stomach.

​...kommentiert Brown’s Stimme aus dem Off. Dieses Lied bringt uns aber verdammt nah ran!

2) The Rolling Stones - Gimme Shelter:

,,Gimme Shelter’’ hat das beste Rock-Intro aller Zeiten. Ein wunderschönes Gitarrenriff mit Vibrato, welches das Ganze ins Schwingen versetzt. Ein paar Klavier-Töne von Nicky Hopkins, Keith Richard’s haut in die Seiten und dann schmettert Mick Jagger aus voller Seele los.  Dustin Barca’s Powersurfen vor tropischer Kulisse passt perfekt dazu. Dennoch ist das hier definitiv ein Fall, wo der Soundtrack das Surfen übertrumpft.

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3) TV on the Radio - Wolf like me:

A.I. zu seinen besten Zeiten, für die Ewigkeit festgehalten vom meisterhaften Taylor Steele in Billabongs genialem Film Trilogy. ,,Wolf like me’’ ist inzwischen zur nostalgischen Hymne geworden - Für eine Surfwelt, die ohne eine Ikone auskommen muss und irgendwie immer noch nicht so recht fassen kann, dass Andy wirklich tot ist. Kindheit pur. Nostalgie pur. Funktioniert immer noch bestens als Motivation auf dem Weg zum Spot.

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​4) ​Buena Vista Social Club – Chan Chan:

Hast du das auch manchmal? Du liegst im Lineup und dir geht ein bestimmter Song einfach nicht aus dem Kopf?

Einer der stilvollsten Surfer Fuerteventuras, Lazi Rüdegger, hat mir mal verraten, dass er für verschiedene Spots, unterschiedliche Lieder in Gedanken hat.

Für lange Points zum Beispiel ,,The Wind Cries Mary’’ von Jimi Hendrix, um im Rhythmus zu bleiben. ​Und für sein butterweiches Railsurfen in der zweiten Episode von Lazi’s Free Living ist wie gemacht für die akustischen Wellen des Buena Vista Social Clubs.

5) Mødern Collective Soundtrack:

Kai Neville stellte 2010 mit Mødern Collective die Surf Szene auf den Kopf und drehte die Konventionen des Surf-Film Genres auf Links.

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Onshore statt Offshore, einzelne Moves, statt Sections und ein abgefahrener Soundtrack, der endgültig die Tür zur ,,Anything Goes’’ Mentalität auftrat. Mitch Coleborns Indo-Part zu John Leyton’s ,,Johnny Remember Me’’, gefolgt von den Minimal-Electro Beats von The Worm und der Air-Show von Dusty, Jordy Smith und Dion Agius... wow!

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Sämtliche Playlists sind mehr oder weniger vollständig auf Spotify zu finden. Und wenn dir etwas fehlt, kannst du dir und der ganzen Community einen Gefallen tun und selbst eine erstellen.

Dank Kai Neville und Co. sind dir bei der Auswahl keine Grenzen gesetzt. Und es gibt so viele gute Surfmusik da draußen, wie es Wellen zu entdecken gibt!

​Fazit

Über alle Klischees erhaben, gibt es wohl nichts, was der Erfahrung Wellenreiten - ganz gleich was es jetzt für dich persönlich bedeutet - so nahekommt, wie die Surfmusik.

Sie feuert die Vorfreude an, hilft beim Verarbeiten der traumhaften Session mit den Freunden oder ruft Erinnerungen an besondere Surftrips wach.

So vielseitig und spannend, wie das Surfen selbst und im Gegensatz zu letzterem absolutem jedem zugänglich. Egal ob live oder digital, aktiv Jammen oder entspannt zuhören – die Möglichkeiten und Variationen sind quasi endlos. Und damit kommt es dem Surfen doch schon ziemlich nahe.

​Ich würde mich freuen, wenn du deine Favoriten mit uns teilst. Welche Tracks dürfen in deiner persönlichen Playlist auf keinen Fall fehlen? Welche Lieder erinnern dich an deine besten Sessions und welche Surf-Filme sind deine ewigen Klassiker? Ich bin gespannt auf deine Vorschläge.

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1 Gedanke zu „SURFMUSIK: ZWEI KUNSTFORMEN AUF EINER WELLENLÄNGE“

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