Surfen in Indien: Softe Beachbreaks, Yoga & kulinarische Abenteuer

Gastbeitrag von Tom Mattes

Einfach Surfen - Buch von Tom Mattes

Surfen ist der Sinn des Lebens – oder etwa nicht? Diese Frage lässt mir seit ungefähr 25 Jahren keine Ruhe. Damals drückte mir jemand in Nordspanien ein Bodyboard in die Hand und überließ mich meinem Schicksal. Von dort bis zum ersten Surfbrett war es nicht mehr weit.

Dass sich eine Gun denkbar schlecht zum Surfen lernen eignet, hatte mir leider niemand verraten, deswegen waren erstmal Paddeln, Wipe Outs und Frust angesagt. Aber irgendwann klappte es dann doch noch.

Da ich zeitweise nicht nur surf- sondern auch reisesüchtig war, habe ich teilweise an ungewöhnlichen Destinationen wie Malaysia oder Mosambik Wellen gescheckt und gesurft. Einige meiner Reiserlebnisse und Antwortversuche auf die obige Frage kannst du in meinem Reiseroman "Einfach Surfen" nachlesen. Aber nun zu einer der letzten großen Terra incognita des Wellenreitens: Indien!

Zunächst mal: Ja, man kann Surfen in Indien. Eigentlich sollte das bei 7000 Kilometer Küstenlinie (die Andamanen und andere zu Indien gehörige Inselgruppen nicht eingerechnet) nicht überraschen. Trotzdem habe ich bis jetzt noch kaum jemanden getroffen, der tatsächlich dort Surfen war.

Varkalla - surfen in Indien

Vielleicht liegt das daran, dass Sri Lanka nur einen Katzensprung entfernt ist und auf kleinstem Raum eine Vielzahl von zuverlässig arbeitenden Beach- und Reefbreaks zu bieten hat. In Indien dagegen sind die Distanzen riesig und die Wellenausbeute ist eher bescheiden. Obwohl bei solchen pauschalen Äußerungen immer Vorsicht angeraten ist.

Denn Indien ist ein Subkontinent riesigen Ausmaßes mit 1,3 Milliarden Bewohnern. Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort kannst du eine sehr gute Session im Wasser haben – du musst nur wissen, wann und wo.

Surfbedingungen in Indien

Die meiste Zeit des Jahres kannst du in Indien entspannte 3-5 Fuß große Wellen surfen. Die (bis dato bekannten) Wellen brechen meist auf Sand, Reefbreaks sind eine Seltenheit.

In der indischen Monsun-Saison von Juni bis September sind die Wellen wesentlich größer (bis zu 8 Fuß, manchmal mehr), allerdings sind sie in dieser Zeit oft verblasen. Die südwestlichen Winde, die der Monsun mit sich bringt, treffen die indische Westküste dann mit voller Wucht.

Surfbedingungen in Indien

Außerdem können sintflutartige Niederschläge die Anreise zum Surfspot erschweren und dir einen ziemlich feuchten Aufenthalt bescheren. Dafür wirst du in dieser Zeit mit leeren Stränden und Line Ups belohnt.

Ach ja: Das Wasser ist bei den unten beschriebenen südindischen Spots das ganze Jahr über angenehm warm, deinen Neoprenanzug kannst du zu Hause lassen.

Surfspot-Auswahl

Die folgenden drei Spots an der indischen Westküste habe ich selber besucht, Indien wartet jedoch mit einer Reihe weiterer Spots auf, die du entdecken kannst. Es kommen ständig neue hinzu, denn surfen in Indien ist immer noch so wie eine Rakete kurz nach dem Start – ungefähr wie surfen in Bali in den 60ern!

Arambol (Bundesstaat Goa)

Als ich 2003 zum ersten Mal in Indien war, stolperte ich am Strand von Arambol zufällig über einen perfekt brechenden Beachbreak. Da ich ohne Surfbrett unterwegs war, weil ich die kulturellen Highlights Indiens abklappern wollte, war es erstmal ein Problem, ein Board aufzutreiben. Auf Surftouristen war man damals vor Ort überhaupt nicht eingestellt.

Surfen in Arambol im Norden Goas

Nachdem dieses Problem gelöst war, surfte ich für einige Tage völlig allein in sauberen schulter- bis kopfhohen Wellen. Auch bei meinem zweiten Besuch im September 2015 hatte ich Glück und fand in Arambol fast unverändert gute Bedingungen vor.

Arambol liegt im Norden Goas und steht bei Backpackern hoch im Kurs. Einige bekannte Yogaschulen befinden sich vor Ort – und unzählige relaxte Strandbars. Alkohol ist in Goa überall verfügbar und billig, beides ist in den meisten Bundesstaaten Indiens nicht der Fall. Vielleicht hat sich die Partygemeinde auch deswegen schon früh hier angesiedelt.

Aber jenseits der Technoszene von Ajuna und Chapora hat sich die ehemalige portugiesische Kolonie Goa seinen ganz eigenen Charme bewahrt. Viele Menschen sind hier nach wie vor katholisch, die Strandszenen mit Fischerbooten und zum Trocknen ausliegenden Netzen verströmen mediterranes Flair. Das Fisch-Curry, das in den Strandrestaurants kredenzt wird, ist legendär!

Fischer in Indien am Strand von Arambol - Goa

Wenn du es trubelig magst, kannst du dir direkt in Arambol ein Guesthouse suchen, die Auswahl ist riesengroß.

Der Beachbreak am Ortsstrand ist definitiv surfbar, auch Surfbretter kannst du dort ausleihen. Die besseren Wellen laufen meiner Erfahrung nach aber ca. 1,5 Kilometer weiter südlich den Strand runter sowie am dort direkt angrenzenden Mandrem Beach. Es gibt hier eine Reihe von ruhigeren Guesthouses. Die Jungs und Mädels von Surfwala, einer Truppe von Surfern aus allen Herren Ländern, bieten Surfschulungen an und verleihen Material.

Varkala (Bundesstaat Kerala)

Der uralte hinduistische Pilgerort Varkala ist bei westlichen Individualtouristen eigentlich eher auf Grund seiner Ayurveda-Massagen und Yoga-Schulen bekannt. Doch seit einigen Jahren tummeln sich in den Beachbreaks unterhalb der Klippen, an die sich das Örtchen bedenklich nahe heranwagt, vermehrt Surfer.

Surfen in Indien ist besser als viele denken - Varkalla

Der Papanasam-Strand mit seinen roten Felsklippen bietet für Badegäste wie Surfer ein malerisches Ambiente. Auch viele Inder flanieren am Strand entlang, denn im Ort befindet sich ein bedeutender Tempel, der nach wie vor Pilgerströme anzieht. Zum Strand gelangst du über eine ziemlich steile Treppe.

Der Weg, der dem Klippenverlauf folgt, ist von Bars, Restaurants, Guesthouses und kleinen Läden gesäumt. Wenn du auf ihm ca. 1 Kilometer Richtung Norden gehst, findest du an seinem Ende einen weiteren Strand.

Hier bin ich direkt rechts der Felsen einige schöne linke Wellen gesurft. Surfbretter kannst du im Ort leihen oder du buchst gleich einen Kurs beim Team von Soul und Surf. Das Team ist allerdings nur von Oktober bis Mai am Papanasam-Strand zu finden.

Kovalam (Bundesstaat Kerala)

(Achtung: nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Spot Covelong/Kovalam im Bundesstaat Tamil Nadu!)

Der Lighthouse Beach von Kovalam ist auf Grund seiner Wellen und gefährlichen Strömungen berüchtigt – als ich im September 2015 dort ankam, waren gerade drei Inder in den Wellen umgekommen und die Polizei ließ niemanden mehr ins Wasser.

Lighthouse Beach von Kovalam in Indien ist auf Grund seiner Wellen und gefährlichen Strömungen berüchtigt

Der tragische Vorfall ereignete sich aber auch in der Monsun-Zeit, in der zum Teil hohe Wellen an den Stränden von Kovalam anlaufen. Die felsige Halbinsel mit dem oft photographierten Leuchtturm produziert dann manchmal Pointbreak-Bedingungen.

Die restliche Zeit des Jahres können die nach links und rechts brechenden Wellen des trubeligen Lighthouse Beach entspannt und ohne Gefahr gesurft werden. Die Felsen, die den Strand einrahmen, ordnen die Wellen dann manchmal zu sauberen Lines. Allerdings ist es in der trockenen Jahreshälfte im eher auf Pauschaltouristen eingestellten Ort mit seiner ziemlich zugebauten Strandpromenade nicht mehr annährend so entspannt.

 Die Jungs vom Kovalam Surf Club bieten Surfschulungen an und verleihen auch Material. Der Kovalam Surf Club ist ursprünglich als soziales Projekt für Straßenkinder entstanden.

In Indien surfen lernen

Um surfen zu lernen, werden heutzutage weite Entfernungen zurückgelegt – die ersten Weißwasserfahrten muss man ja auch nicht unbedingt in einem französischen Beachbreak absolvieren.

Gerade Sri Lanka scheint als exotisches Surfrevier bei Surfanfängern hoch im Kurs zu stehen. So habe ich z.B. am Weligama Beach, Sri Lanka, sehr viele Surfschulen und Surfanfänger gesichtet.

Surfen lernen in Indien

Meine Meinung: Wenn du sowieso um die halbe Welt fliegst, um surfen zu lernen, würde ich persönlich eher an einem indischen Beachbreak lernen, als im benachbarten Sri Lanka. Im Wasser ist es in Indien deutlich entspannter, das Essen ist hier besser und die Kultur ist einfach exotischer und spannender. Aber das ist immer auch persönliche Geschmackssache.

Allgemeine Reiseinformationen

Anreise: Zu den Spots Varkala und Kovalam gelangst du über den internationalen Flughafen von Trivandrum, von dort den öffentlichen Nahverkehr oder Taxi nutzen. Kovalam befindet sich nur 15 Kilometer südlich des Flughafens, Varkala befindet sich 55 Kilometer nördlich.

Anreise für Arambol über den internationalen Flughafen Dabolim, von dort öffentlichen Nahverkehr oder Taxi nutzen. Der Ort befindet sich ca. 60 Kilometer nördlich vom Flughafen entfernt.

Transport: Zugfahren ist ein echtes Must-Do in Indien! Die englischen Kolonialherren haben das Schienennetz einst begründet, die Inder haben es zum heute größten Streckennetz der Welt ausgebaut.

Zugfahren ist spottbillig. Genauso wie ist der Tee, der während der Fahrt von fliegenden Händlern heiß und süß angeboten wird. Ansonsten kannst du auf Bus, Tuk oder die ebenfalls sehr günstigen Taxis umsteigen.

Visa: Für die Einreise nach Indien benötigst du ein Visum, das vor der Reise beantragt werden muss. Wenn du nicht länger als 90 Tage hintereinander in Indien bleibst , kannst du vorab online ein E-Visum für Indien beantragen. Für längere Aufenthalte wende dich an die zuständige indische Auslandsvertretung in deiner Nähe. Beachte bitte, dass es für Indien kein Visum-on-Arrival gibt und dass du das Visum wirklich -mindestens 48 Stunden - vor der Abreise beantragen musst.

Gesundheit: In der Monsunzeit kann Malaria ein Thema sein, für längere Aufenthalte könnte evtl. eine Tollwutimpfung sinnvoll sein. Informiere dich rechtzeitig z.B. im Tropeninstitut und bei deinem Reisemediziner vor Ort. Falls Impfungen notwendig sind, kann das mehrere Arzttermine und einige Wochen in Anspruch nehmen.

Zusätzlich solltest du dir eine Reiseapotheke mit den wichtigsten Mitteln zur Behandlung kleineren Verletzungen mit auf deinen Surftrip nach Indien nehmen. Eine breite Auswahl findest du in der Shop Apotheke.

Klima/Reisezeit: In Südindien, wo die oben beschriebenen Spots liegen, sind die Temperaturschwankungen im Jahresverlauf moderat, meist herrschen Tagestemperaturen von 25-35 Grad.

Die Monate Dezember und Januar sind vom Klima her sehr angenehm, allerdings sind dann auch mit Abstand die meisten Touristen vor Ort. Als gute Reisemonate bieten sich Mai oder Oktober an. Der Monsun ist dann noch nicht bzw. nicht mehr da, die Swellwahrscheinlichkeit ist hoch und die Strände sind noch leer.

In der Monsunzeit ist das Reisen schwieriger, viele Touristendestinationen schließen in dieser Zeit ihre Tore. Andererseits berichten Locals von epischen Surftagen mit riesigen Wellen – am besten schaust du selber nach!

Kosten: Indien ist nach wie vor eines der günstigsten Reiseländer der Welt!

Verständigung: Fast alle Inder verstehen und sprechen ein paar Brocken Englisch. In den auf Tourismus eingestellten Orten sprechen die meisten fließend Englisch.

Material: Surfbretter und sonstiges Zubehör sind in Indien schwer bis gar nicht zu bekommen. Wenn du nicht in einer Surfschule unterkommst, bring am besten dein eigenes Material mit. In Arambol und Varkala konnte man zum Zeitpunkt meiner letzten Reise Material auch stundenweise ausleihen, die Auswahl und Qualität war aber eher bescheiden.

Weiterer Tipp: Um ein Feeling für die noch junge indische Surfszene zu bekommen, kann ich dir wärmstens den Film „A rising tide“ empfehlen.

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Fazit: Surfen in Indien – nur was für Anfänger?

Du zählst dich zu den fortgeschrittenen Surfern und planst einen reinen Surftrip? Dann gilt: Die Breaks des indischen Festlands können es auf keinen Fall mit denen Indonesiens und wahrscheinlich auch nicht mit denen des benachbarten Sri Lanka aufnehmen (die zu Indien gehörigen Inselgruppen wieder ausdrücklich außen vorgelassen).

Grund ist die mangelnde Konsistenz indischer Breaks und vor allem auch die Tatsache, dass bis dato nur sehr wenige Reefbreaks dokumentiert sind – was sich aber noch ändern könnte. Denn das Wellen-Entdeckungspotenzial in Indien ist praktisch unbegrenzt.

Wenn du also schon länger surfst und jetzt endlich mal deinen persönlichen Secret Spot entdecken möchtest, um ihm einen unverwechselbaren Namen zu geben, bist du hier genau richtig!

Wenn du Surfanfänger bist und außerdem kulturelle Highlights auf der Liste hast, dann ist Surfen in Indien definitiv zu empfehlen. Du kannst deine Surfstunden mit Yogastunden, Tempelbesuchen und kulinarischen Abenteuern abrunden, die du nie vergessen wirst!

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1 Gedanke zu „Surfen in Indien: Softe Beachbreaks, Yoga & kulinarische Abenteuer“

  1. Hallo, schöner ausführlicher blog, ich fteue mich auf meine Weltreise. Habt ihr zufällig einen social media account von Tom Mattes oder seine Email. Irgend einen kontakt von ihm? Wäre super nett.

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